Zu nah und doch zu weit weg

Zu nah und doch zu weit weg

Zoom Fatigue macht Menschen im Homeoffice zu schaffen

Die Marke Zoom steht für Videokonferenzen wie Tempo für Papiertaschentücher. Das hat dem US-amerikanischen Softwareunternehmen allerdings auch die zweifelhafte Ehre eingebracht, mit einer außerordentlichen Müdigkeit, mangelnden Energiereserven bis hin zur krankhaften Erschöpfung, dem so genannten Fatigue-Syndrom, in einem Atemzug genannt zu werden.

Zu den bekannten Problemen der Bildschirmarbeit wie Belastung der Augen und Muskel-Skelett-Erkrankungen ist mit Zoom Fatigue ein neues Krankheitsbild hinzugekommen. „Wissenschaftler aus Stanford haben untersucht, woher das neue Phänomen kommt. Es ist vor allem auf die zunehmende Homeofficearbeit mit Videokonferenzen, -meetings und -calls während der Pandemie zurückzuführen“, erläutert Martha Giannakoudi von Synnous.

Durch Abstand, Maske tragen und die Beschränkung von Kontakten soll das soziale Leben heruntergefahren werden, jedoch sind Mitarbeiter im Homeoffice permanent zwei Näheproblemen ausgesetzt. Zum einen wird in einer Videokonferenz die soziale Distanzzone unterlaufen, die normalerweise zwischen 1,2 und 3,6 Metern beträgt. Der Monitor und damit in der Regel auch die Kamera sind jedoch nur 50 bis 60 cm vom Gesicht entfernt. „Das heißt, wir sind durch die Technik gezwungen, alle Kollegen und auch die Vorgesetzten in die so genannte ‚Intime Zone‘ zu lassen, in der vielleicht auch noch Kinder im Hintergrund toben oder die Katze auf die Tastatur springt. Auch sich selber andauernd zu sehen und zu beobachten – wie es sonst nur Tänzer und Friseure tun -, ist eine völlig unnatürliche Gesprächssituation und irritiert viele Menschen“, so Giannakoudi.

Die Expertin für digitale Transformation hat mit ihrem Team vieles ausprobiert, um Unternehmen dabei zu helfen, virtuell teamfähig zu sein, aber auch die menschliche und gesundheitliche Seite nicht aus den Augen zu verlieren. Für die Psyche der Mitarbeiter sind z. B. Formate wichtig, die ohne den Chef stattfinden. Das kann ein virtuelles Coworking sein, zu dem sich Mitarbeiter verabreden. In diesem Zeitfenster kann jeder dem anderen spontan eine Frage stellen wie im Büro. Dann gibt es Stellschrauben, an denen jeder Einzelne drehen kann: z. B. das eigene Video für sich zu verbergen, mit einer externen Tastatur Abstand zu schaffen, zwischen Schreibtisch und Stehpult zu wechseln und ein kabelloses Headset zu nutzen.

Die Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, die Mitarbeiter zu unterstützen und die Unternehmenskultur lebendig zu halten, während sie gleichzeitig unter Kontrollverlust und zeitversetzten Rückmeldungen leiden. „Zu den Führungsaufgaben in der Pandemie gehört es, Routinen regelmäßig zu überdenken und neue Routinen einzuführen, z. B. bei den Teammeetings so genannte Breakout Rooms einzurichten, damit sich kleinere Gruppen ungestört treffen können. Auch das virtuelle Käffchen ist wichtig, kürzere Zeitfenster für die Meetings und auch einen meetingfreien Vor- oder Nachmittag für alle“, weiß die Unternehmerin.

Und wie es nach Corona weitergehen soll, dazu sollte man am besten schon jetzt Führungskräfte und Mitarbeiter befragen und mit ins Boot holen.

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