Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 bescheinigt Wissenschaftlern mit Promotion hervorragende Karrierechancen. Mehr als die Hälfte aller Habilitationen geht auf die Medizin zurück.
Berlin. Gute Nachrichten durfte Bildungsministerin Anja Karliczek angesichts des aktuellen Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) verkünden: „Unter Promovierten herrscht Vollbeschäftigung“, heißt es in einer Pressemitteilung zum Bericht.
In der Humanmedizin liegt die Quote der in Vollzeit Tätigen zehn Jahre nach der Promotion bei rund 68 Prozent. Besonders interessant sind die Aussagen zur Teilzeitquote: Diese liegt beispielsweise im Berichtsjahr 2018 bei unter 45-jährigen hauptberuflich tätigen Medizinern an Hochschulen (ohne Professoren) bei 26 Prozent – und damit mehr als zehn Prozentpunkte unter der Quote der Fächergruppen insgesamt (37 Prozent).
Dabei gibt es einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen: 32 Prozent der Medizinerinnen an Hochschulen arbeiten in Teilzeit, aber nur 17 Prozent der Männer.
An außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel dem Max-Planck-Institut oder den Leibnizinstituten liegt die Quote der in Teilzeit beschäftigten Mediziner dagegen deutlich höher (42 Prozent).
Hoher Frauenanteil bei Promovierenden
Der Bericht zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland erscheint alle vier Jahre und wird von einem unabhängigen wissenschaftlichen Konsortium erstellt. Er liefert Daten und aktuelle Forschungsbefunde zu Qualifikations- und Karrierewegen sowie zu den Beschäftigungsbedingungen promovierter Akademiker.
„Die Arbeitslosigkeit von Promovierten liegt in den ersten zehn Jahren nach der Promotion kontinuierlich bei etwa ein bis zwei Prozent. Wer promoviert, kommt also auf dem Arbeitsmarkt unter. Mehr noch: Eine Promotion eröffnet Chancen auf hervorragende Karriereverläufe“, betont Karliczek.
In der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften lag die Promotionsquote 2018 bei 56 Prozent, damit führen Ärzte die Rangliste an. Laut Bericht gab es in dem Jahr insgesamt 36.925 Promovierende in der Medizin.
Groß ist die Diskrepanz unter den Geschlechtern: 62 Prozent der Promovierenden in der Fächergruppe Humanmedizin und Gesundheitswissenschaft seien Frauen, bei den Männern seien es lediglich 38 Prozent. Bei den erfolgreich Promovierten liegt das Geschlechterverhältnis noch umgekehrt: Der Anteil der Männer unter den Medizinern mit Doktortitel beträgt laut Bericht 57 Prozent, bei Frauen folglich 43 Prozent.
Habilitation in der Medizin besonders wichtig
In puncto Habilitationen sind Mediziner ebenfalls Spitzenreiter, von allen im Jahr 2018 erfolgreich abgeschlossenen Habilitationen stammten mehr als die Hälfte aus dem humanmedizinischen Bereich. Dies hänge mit dem besonderen Stellenwert der Habilitation in der Medizin zusammen, heißt es im Bericht.
Sie gelte als ein wichtiger Baustein für eine Karriere an Kliniken. Zum Vergleich: Bei den Mathematikern erreichten nur 14 Prozent einen Professorentitel. Auffällig dagegen ist der mit fünf Prozent geringe Anteil an Juniorprofessuren in der Humanmedizin.
Beim Übergang zur nächsten Karrierestufe gibt es bei Frauen über alle Wissenschaftsbereiche hinweg noch Luft nach oben: Der Anteil der Frauen an den 2018 Habilitierten lag gerade einmal bei 32 Prozent, unter den neuberufenen Junior-, W2- und W3- Professoren zwischen 27 und 43 Prozent. Daher liege der Fokus derzeit auf dem Bereich „Personalentwicklung und -gewinnung auf dem Weg zur Professur“ und damit auf der Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen, heißt es.
Mit 30 Jahren sind Mediziner und Naturwissenschaftler bei ihrer Promotion am jüngsten, Kunst- und Geisteswissenschaftler kommen zumeist auf ein Alter von 33 bis 36 Jahren. Geisteswissenschaftler benötigen durchschnittlich 5,7 Jahre für ihre Promotion, bei Medizinern geht es mit durchschnittlich 3,5 Jahren schneller.
Befristungsquoten noch zu hoch
Die Investition in eine Promotion lohne sich auch aus gesamtgesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Perspektive, heißt es: Zehn Jahre nach der Promotion arbeiteten laut Bericht etwa 80 Prozent der Promovierten außerhalb der Wissenschaft. Häufiger als nicht-promovierte Akademiker erzielten Promovierte Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze und hätten Führungspositionen.
Zu hoch seien allerdings noch die Befristungsquoten. Daher setze sich der Bund für attraktive Beschäftigungsverhältnisse und Karriereperspektiven in der Wissenschaft ein, so die Ministerin. Dazu beitragen soll das „Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ (Tenure-Track-Programm).